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Grundlagen der Dampftechnik und Wärmeübertragung

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Was ist Dampf?

Die Eigenschaften von Dampf lassen sich ausgehend von der allgemeinen Molekül- und Atomstruktur der Materie und durch Anwendung dieser Kenntnisse auf Eis, Wasser und Dampf besser verstehen. 

Ein Molekül ist die kleinstmögliche Menge eines Elements oder einer Verbindung, die noch alle chemischen Eigenschaften dieser Substanz besitzt. Moleküle wiederum bestehen aus noch kleineren 
Teilchen, die Atome genannt werden und die die grundlegenden Elemente wie Wasserstoff und Sauerstoff definieren. 

Durch die spezifischen Kombinationen dieser Atome entstehen chemische Verbindungen. Eine solche Verbindung wird zum Beispiel durch die chemische Formel H2O dargestellt. Ihre Moleküle bestehen aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom.

Wasser ist so reichlich auf der Erde vorhanden, weil Wasserstoff und Sauerstoff zu den im Universum am häufigsten vorkommenden Elementen gehören. Kohlenstoff ist ein weiteres häufiges Element und entscheidender Bestandteil aller organischen Verbindungen.

Die meisten mineralischen Substanzen können die drei als Phasen bezeichneten Aggregatzustände (fest, flüssig und gasförmig) annehmen. Im Fall von H2O werden die drei Phasen als Eis, Wasser und Dampf bezeichnet.

Die Molekülanordnung von Eis, Wasser und Dampf ist immer noch nicht vollständig bekannt, allerdings lässt sich der Einfachheit halber davon ausgehen, dass die Moleküle durch elektrische Ladungen (die so genannten Wasserstoffbrücken) miteinander verbunden sind. Der Grad der Anregung der Moleküle bestimmt den Aggregatzustand (also die Phase) der Substanz. 

Tripelpunkt

Die drei Aggregatzustände einer konkreten Substanz können nur bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck im Gleichgewicht zusammen vorliegen. Dieser Punkt wird als Tripelpunkt bezeichnet.

Der Tripelpunkt von H2O, an dem sich die drei Phasen Eis, Wasser und Dampf im Gleichgewicht befinden, liegt bei einer Temperatur von 273,16 K und einem absoluten Druck von 0,006112 bar. Dieser Druck entspricht fast einem perfekten Vakuum. Wird der Druck bei dieser Temperatur weiter verringert, schmilzt das Eis nicht, sondern geht direkt in Dampf über.

Eis

Im Eis sind die Moleküle unbeweglich in einem regelmäßigen Kristallgitter angeordnet und können nur schwingen. In der festen Phase schwingen die Moleküle im Kristallgitter um eine mittlere gebundene Position, in der die Moleküle weniger als einen Moleküldurchmesser voneinander entfernt sind.

Durch kontinuierliche Wärmezufuhr wird die Schwingung verstärkt, bis sich einige Moleküle schließlich von ihren Nachbarmolekülen trennen und der Festkörper schmilzt und in den flüssigen Zustand
übergeht. Bei Atmosphärendruck schmilzt Eis bei 0 °C. Druckänderungen wirken sich sehr wenig auf die Schmelztemperatur aus und für die meisten praktischen Zwecke kann 0 °C als Schmelzpunkt
genommen werden. Es wurde allerdings nachgewiesen, dass der Schmelzpunkt von Eis für jede zusätzliche Atmosphäre Druck um 0,0072 °C sinkt. Beispielsweise wäre ein Druck von 13,9 bar ü
erforderlich, um die Schmelztemperatur um 0,1 °C zu verringern.

Die Wärmeenergie, die die Kristallbindungen aufbricht und den Phasenübergang hervorruft, ohne die Eistemperatur zu erhöhen, wird als Schmelzenthalpie oder Schmelzwärme bezeichnet. Dieser
Phasenübergang ist umkehrbar, und beim Gefrieren wird dieselbe Wärmemenge wieder in die Umgebung freigesetzt.

Bei den meisten Substanzen nimmt die Dichte beim Übergang von der festen zur flüssigen Phase ab. H2O ist allerdings eine Ausnahme von dieser Regel, da seine Dichte beim Schmelzen zunimmt,
weshalb Eis auf dem Wasser schwimmt.

Wasser

In der flüssigen Phase können sich die Moleküle frei bewegen, sind jedoch aufgrund der gegenseitigen Anziehung noch immer weniger als einen Moleküldurchmesser voneinander entfernt und stoßen häufig gegeneinander. Mehr Wärme verstärkt die Molekülbewegung und die Zusammenstöße und erhöht die Temperatur der Flüssigkeit auf ihre Siedetemperatur.

Enthalpie von Wasser, Flüssigkeitsenthalpie oder fühlbare Wärme (hf) von Wasser

Dies ist die erforderliche Wärmeenergie, um die Wassertemperatur vom Bezugspunkt 0 °C auf ihre aktuelle Temperatur zu erhöhen.

Am Bezugspunkt 0 °C ist die Enthalpie von Wasser willkürlich mit Null festgelegt. Die Enthalpie aller anderen Zustände kann dann im Verhältnis zu diesem einfachen Bezugspunkt ermittelt werden.

Früher wurde der Begriff fühlbare Wärme verwendet, weil die dem Wasser zugeführte Wärme eine Temperaturänderung hervorrief. Heutzutage wird allerdings von der Flüssigkeitsenthalpie oder
Enthalpie von Wasser gesprochen.

Bei Atmosphärendruck (0 bar ü) siedet Wasser bei 100 °C, und es sind 419 kJ Energie erforderlich, um 1 kg Wasser von 0 °C auf seine Siedetemperatur 100 °C zu erhitzen. Aus diesen Werten ergibt
sich die spezifische Wärmekapazität von Wasser (Cp) mit 4,19 kJ/kg °C für die meisten Berechnungen zwischen 0 °C und 100 °C.

Dampf

Wenn die Wassertemperatur ansteigt und in der Nähe des Siedepunkts liegt, erreichen einige Moleküle genügend Bewegungsenergie und Geschwindigkeit, um vorübergehend aus der Flüssigkeit in den Raum über der Oberfläche entweichen, bevor sie in die Flüssigkeit zurückfallen.

Weitere Erwärmung führt zu stärkerer Anregung, und die Zahl der Moleküle mit ausreichender Energie zum Verlassen der Flüssigkeit nimmt zu. Wird das Wasser auf seinen Siedepunkt erwärmt, bilden sich Dampfblasen im Wasser, die nach oben steigen und durch die Oberfläche entweichen.

Ausgehend von der Molekülanordnung in Flüssigkeiten und Gasen ist es logisch, dass die Dichte von Dampf wesentlich geringer ist als von Wasser, da sich die Dampfmoleküle weiter entfernt voneinander befinden. Der Raum direkt über der Wasseroberfläche füllt sich daher mit weniger dichten Dampfmolekülen.

Wenn die Zahl der Moleküle, die die Flüssigkeitsoberfläche verlassen, die Zahl der in die flüssige Phase zurücktretenden Moleküle übersteigt, verdampft das Wasser ungehindert. An diesem Punkt hat das Wasser seinen Siedepunkt oder seine Sättigungstemperatur erreicht, da es mit Wärmeenergie gesättigt ist.

Bei gleichbleibendem Druck führt weitere Wärmezufuhr nicht zu weiterer Temperaturerhöhung, sondern zur Bildung von Sattdampf. Siedendes Wasser und Sattdampf im selben System haben dieselbe Temperatur, allerdings ist beim Dampf die Wärmeenergie pro Masseneinheit wesentlich höher.

Bei Atmosphärendruck beträgt die Sättigungstemperatur 100 °C. Wird allerdings der Druck erhöht, kann mehr Wärme zugeführt und die Temperatur erhöht werden, ohne dass ein Phasenübergang stattfindet.

Eine Druckerhöhung erhöht daher sowohl die Enthalpie von Wasser als auch die Sättigungstemperatur. Die Beziehung zwischen Sättigungstemperatur und Druck wird als Sattdampfkurve bezeichnet (siehe Abbildung 2.2.1)

Wasser und Dampf können auf dieser Kurve bei jedem Druck und bei ihrer Sättigungstemperatur gleichzeitig vorhanden sein. Dampf oberhalb der Sattdampfkurve wird als überhitzter Dampf bezeichnet:

  • Die Temperatur über der Sättigungstemperatur heißt Überhitzungsgrad.
  • Wasser unterhalb der Kurve wird ungesättigtes Wasser genannt.

Wenn der Dampf im selben Maß vom Kessel abströmt wie er produziert wird, wird durch weitere Wärmezufuhr lediglich die Produktionsmenge erhöht. Wird der Dampf daran gehindert, den Kessel zu verlassen und die Wärmezufuhr beibehalten, ist die in den Kessel fließende Energie größer als die abfließende Energie. Durch diesen Energieüberschuss wird der Druck erhöht und dadurch steigt wiederum die Sättigungstemperatur, da die Temperatur von Sattdampf mit seinem Druck in Beziehung steht.

Verdampfungsenthalpie oder latente Wärme (hfg) D

as ist die erforderliche Wärmemenge, um Wasser an seinem Siedepunkt in Dampf umzuwandeln. Beim Phasenübergang ändert sich die Temperatur des Dampf-/Wassergemisches nicht, und die gesamte Energie wird für den Übergang von der flüssigen Phase (Wasser) zur Gasphase (Sattdampf) verwendet.

Die frühere Bezeichnung latente Wärme geht darauf zurück, dass sich die Temperatur trotz Wärmezufuhr nicht ändert. Heutzutage wird allerdings der Begriff Verdampfungsenthalpie verwendet.

Wie der Phasenübergang von Eis zu Wasser ist auch die Verdampfung umkehrbar. Dieselbe Wärmemenge, mit der der Dampf erzeugt wurde, wird bei der Kondensation wieder an die Umgebung freigesetzt, wenn der Dampf auf eine Fläche mit niedrigerer Temperatur trifft.

Dies kann als der Nutzanteil der Wärme im Dampf für Heizzwecke angesehen werden, da dieser Anteil der Gesamtwärme im Dampf entzogen wird, wenn der Dampf wieder zu Wasser kondensiert.

Enthalpie von Sattdampf oder Gesamtwärme von Sattdampf

Dies ist die Gesamtenergie im Sattdampf und ganz einfach die Summe der Enthalpie von Wasser und der Verdampfungsenthalpie.

Die Enthalpie und weitere Eigenschaften von Sattdampf können leicht aus tabellarisch angeordneten Ergebnissen vorangegangener Experimente entnommen werden, die als Dampftafel bezeichnet wird.

Sattdampftafel

In der Dampftafel sind die Eigenschaften von Dampf bei unterschiedlichem Druck aufgeführt. Sie sind das Ergebnis aktueller Dampftests. Tabelle 2.2.1 zeigt die Eigenschaften von trocken gesättigtem Dampf bei Atmosphärendruck - 0 bar ü.

Tabelle 2.2.1 Eigenschaften von trocken gesättigtem Dampf bei Atmosphärendruck


Enthalpie (Energie) in kJ/kg
Druck bar ü Sättigungstemperatur °C Wasser hf
Verdampfung hfg
 Dampf hg Volumen von trocken gesättigtem Dampf m3/k
0 100 419 2 257 2 676 1.673

Beispiel 2.2.1

Bei Atmosphärendruck (0 bar ü) siedet Wasser bei 100 °C, und es sind 419 kJ Energie erforderlich, um 1 kg Wasser von 0 °C auf seine Sättigungstemperatur von 100 °C zu erhitzen. Daher beträgt die spezifische Enthalpie von Wasser bei 0 bar ü und 100 °C 419 kJ/kg, wie aus den Dampftafeln hervorgeht (siehe Tabelle 2.2.2). Es werden weitere 2257 kJ Energie benötigt, um 1 kg Wasser mit 100 °C in 1 kg Dampf mit 100 °C umzuwandeln. Daher beträgt die spezifische Verdampfungsenthalpie bei 0 bar ü 2257 kJ/kg, wie aus den Dampftafeln hervorgeht (siehe Tabelle 2.2.2).

Dampf bei Atmosphärendruck hat allerdings einen beschränkten praktischen Nutzen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass er mit seinem Eigendruck nicht durch eine Dampfleitung zum Einsatzort transportiert werden kann.

Hinweis: Aufgrund des Druck-/Volumen-Verhältnisses von Dampf (bei steigendem Druck verringert sich das Volumen) wird dieser normalerweise im Kessel bei einem Druck von mindestens 7 bar ü erzeugt. Durch Dampferzeugung bei höherem Druck lassen sich die Dampfrohrleitungen

Wenn der Dampfdruck steigt, nimmt auch die Dichte des Dampfs zu. Das spezifische Volumen als Kehrwert der Dichte sinkt daher bei steigendem Druck.

Abbildung 2.2.2 zeigt das Verhältnis des spezifischen Volumens zum Druck. Aus dieser Kurve ergibt sich, dass die größten Änderungen des spezifischen Volumens bei niedrigem Druck stattfinden, während sich das spezifische Volumen am oberen Ende der Druckskala viel weniger ändert.

In dem in Tabelle 2.2.2 gezeigten Auszug der Dampftafel sind das spezifische Volumen und weitere Angaben über Sattdampf aufgeführt.

Bei 7 bar ü beträgt die Sättigungstemperatur von Wasser 170°C. Um die Wassertemperatur auf den Sättigungspunkt zu erhöhen, ist bei 7 bar ü mehr Wärmeenergie erforderlich als bei Atmosphärendruck. Aus der Tabelle ergibt sich ein Wert von 721 kJ, um 1 kg Wasser von 0 °C auf seine Sättigungstemperatur von 170 °C zu erhitzen.

Die vom Wasser für den Übergang zu Dampf benötigte Wärmeenergie (Verdampfungsenthalpie) ist bei 7 bar ü geringer als bei Atmosphärendruck. Dies liegt daran, dass die spezifische Verdampfungsenthalpie bei steigendem Dampfdruck abnimmt.

Da allerdings auch das spezifische Volumen abnimmt, wenn der Druck steigt, nimmt die im selben Volumen übertragene Wärmeenergie bei steigendem Dampfdruck zu.

Tabelle 2.2.2 Auszug aus der Sattdampftafel

Druck bar ü Sättigungstemperatur °C Enthalpie (Energie) in kJ/kg
Volumen von trocken gesättigtem Dampf m3/kg
Wasser hf
Verdampfung hfg
 Dampf hg
0 100 419 2 257 2 676 1.673
1 120 506 2 201 2 707 0.881
2 134 562 2 163 2 725 0.603
3 144 605 2 133 2 738 0.461
4 152 641 2 108 2 749 0.374
5 159 671 2 086 2 757 0.315
6 165 697 2 066 2 763 0.272
7 170 721 2 048 2 769 0.240

Trockenheitsgrad

Dampf mit einer Temperatur die dem Siedepunkt bei diesem Druck entspricht, wird als trocken gesättigter Dampf bezeichnet. Es ist jedoch kaum möglich, in einem industriellen Kessel zur Sattdampferzeugung 100% trockenen Sattdampf herzustellen, und der Dampf enthält normalerweise Wassertröpfchen.

Aufgrund von Turbulenzen und Spritzern beim Durchgang der Dampfblasen durch die Wasseroberfläche enthält der Dampfraum in der Praxis eine Mischung aus Wassertröpfchen und Dampf.

Dampf, der in einem Großraumkessel (siehe Block 3) erzeugt wird, wo die Wärme nur dem Wasser zugeführt wird und der Dampf mit der Wasseroberfläche in Berührung bleibt, enthält üblicherweise etwa 5 Massen % Wasser.

Wenn der Wasseranteil im Dampf 5 % beträgt, sagt man, dass der Dampf zu 95 % trocken ist und einen Trockenheitsgrad von 0,95 hat.

Die effektive Verdampfungsenthalpie von Nassdampf ist das Produkt des Trockenheitsgrads (c) und der spezifischen Enthalpie (hfg) aus den Dampftafeln. Nassdampf enthält weniger nutzbare Wärmeenergie als trocken gesättigter Dampf.

Daher ist:

Da das spezifische Volumen von Wasser um ein Mehrfaches geringer ist als das von Dampf, ist der von den Wassertröpfchen im Nassdampf eingenommene Raum vernachlässigbar. Das spezifische Volumen von Nassdampf ist daher kleiner als beim Trockendampf:

vg ist das spezifische Volumen von trocken gesättigtem Dampf.

 

Beispiel 2.2.2

Dampf mit einem Druck von 6 bar ü und einem Trockenheitsgrad von 0,94 enthält lediglich 94 % der Verdampfungsenthalpie von Trockendampf bei 6 bar ü. Nachstehende Berechnungen verwenden
Zahlenangaben aus der Dampftafel:

Das Dampfphasendiagramm

Die Daten der Dampftafel können auch graphisch dargestellt werden. Abbildung 2.2.3 ist ein so genanntes Phasendiagramm und illustriert die Beziehung zwischen Enthalpie und Temperatur der verschiedenen Zustände von Wasser und Dampf.

Wenn Wasser von 0 °C bis zu seiner Sättigungstemperatur erhitzt wird, folgt es seiner Sättigungslinie, bis es seine gesamte Flüssigkeitsenthalpie hf ,(A - B), aufgenommen hat.

Bei weiterer Wärmezufuhr ändert das Wasser seine Phase. Das entstehende Wasser-Dampf-Gemisch bleibt auf der Sättigungstemperatur, während die Enthalpie hfg, (B - C), weiter ansteigt.

Während sich die Trockenheit des Wasser-Dampf-Gemisches erhöht, wechselt sein Zustand von der Linie der gesättigten Flüssigkeit zur Sattdampflinie. Auf einem Punkt genau in der Mitte zwischen diesen beiden Zuständen beträgt daher der Trockenheitsgrad (c) 0,5. Ebenso ist der Dampf auf der Sattdampflinie zu 100 % trocken.

Sobald er seine gesamte Verdampfungsenthalpie aufgenommen hat, erreicht er die Sattdampflinie. Bei weiterer Wärmezufuhr nach diesem Punkt bleibt der Druck konstant, doch aufgrund der zugeführten Überhitzungswärme (C - D) steigt die Dampftemperatur an.

Die Wassersättigungslinie und die Sattdampflinie umgrenzen einen Bereich, in dem ein als Nassdampf bezeichnetes Wasser-Dampf-Gemisch vorliegt. Im Bereich links von der Wassersättigungslinie ist nur Wasser und im Bereich rechts von der Sattdampflinie nur überhitzter Dampf vorhanden.

Der Punkt, an dem die Wassersättigungslinie auf die Sattdampflinie trifft, wird als kritischer Punkt bezeichnet. Während der Druck in Richtung des kritischen Punkts steigt, nimmt die Verdampfungsenthalpie ab und wird am kritischen Punkt gleich Null. Dies bedeutet, dass das Wasser am kritischen Punkt direkt in Sattdampf übergeht.

Über dem kritischen Punkt kann Dampf als Gas angesehen werden. Der gasförmige Zustand ist der unschärfste Zustand: die Moleküle bewegen sich fast unbeschränkt, und das Volumen nimmt grenzenlos zu, wenn der Druck verringert wird.

Der kritische Punkt ist die höchste Temperatur, bei der Wasser existieren kann. Über dem kritischen Punkt wird durch Druck bei konstanter Temperatur kein Phasenübergang hervorgerufen.

Unterhalb des kritischen Punkts führt Druck bei konstanter Temperatur jedoch zur Verflüssigung des Dampfs beim Übergang vom überhitzten Dampfbereich zum Nassdampfbereich.

Der kritische Punkt für Dampf liegt bei 374,15 °C und 221,2 bar. Oberhalb dieses Drucks wird der Dampf als überkritisch bezeichnet und der Siedepunkt ist nicht mehr genau definiert.

Entspannungsdampf

Der Begriff „Entspannungsdampf“ wird im Allgemeinen für Dampf verwendet, der aus Entlüftungsleitungen von Kondensatsammelbehältern und offenen Kondensatleitungen nach Kondensatableitern entweicht. Wie kann Dampf ohne Wärmezufuhr aus Wasser erzeugt werden?

Entspannungsdampf entsteht, wenn Wasser bei hohem Druck (und einer Temperatur über der Sättigungstemperatur der Niederdruckflüssigkeit) auf einen niedrigeren Druck abfällt. Umgekehrt kann kein Entspannungsdampf gebildet werden, wenn die Temperatur des unter hohem Druck stehenden Wassers unter der Sättigungstemperatur bei niedrigem Druck liegt. Bei Kondensat, das durch einen Kondensatableiter läuft, ist die Temperatur auf der Zulaufseite normalerweise hoch genug, damit Entspannungsdampf erzeugt wird.

Siehe Abbildung 2.2.4.

Betrachten wir ein Kilogramm Kondensat mit 5 bar ü und einer Sättigungstemperatur von 159 °C, das durch einen Kondensatableiter zu einem niedrigeren Druck von 0 bar ü fließt. Der Energiegehalt von einem Kilogramm Kondensat bei Sättigungstemperatur und 5 bar ü beträgt 671 kJ. Im Einklang mit dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik, dem Prinzip der Energieerhaltung, muss der Energiegehalt im Wasser auf der Niederdruckseite des Kondensatableiters dem Energiegehalt auf der Hochdruckseite entsprechen.

Folglich beträgt die in einem Kilogramm Niederdruckkondensat enthaltene Wärme ebenfalls 671 kJ. Wasser bei 0 bar ü kann jedoch lediglich 419 kJ Wärme enthalten, weshalb ein Wärmeungleichgewicht auf der Niederdruckseite in Höhe von 671 – 419 = 252 kJ auftritt, welches im Sinne des Wassers als überschüssige Wärme betrachtet werden kann.

Diese überschüssige Wärme verdampft einen Teil des Kondensats zu dem sogenannten Entspannungsdampf. Der Siedevorgang wird als Entspannungsverdampfung bezeichnet. Das Kilogramm Kondensat, das auf der Hochdruckseite des Kondensatableiters als ein Kilogramm flüssiges Wasser vorlag, ist nun auf der Niederdruckseite teilweise als Wasser und Dampf vorhanden.

Die beim Enddruck (P2) erzeugte Menge Entspannungsdampf kann aus Gleichung 2.2.5 ermittelt werden:

Beispiel 2.2.3

Die Hochdruck-Kondensattemperatur ist höher als die Niederdruck-Sättigungstemperatur.

Betrachten wir eine bestimmte Menge Wasser mit 5 bar ü und 671 kJ/kg Wärmeenergie bei seiner Sättigungstemperatur 159 °C. Würde der Druck dann auf Atmosphärendruck (0 bar ü) abgesenkt, könnte das Wasser nur bei 100 °C mit 419 kJ/kg Wärmeenergie existieren. Die Wärmeenergie- Differenz von 671 - 419 = 252 kJ/kg würde Entspannungsdampf bei Atmosphärendruck erzeugen.

Der erzeugte Entspannungsdampfanteil kann als das Verhältnis der überschüssigen Energie zur Verdampfungsenthalpie beim Enddruck angesehen werden.

Beispiel 2.2.4

Die Hochdruck-Kondensattemperatur ist niedriger als die Niederdruck-Sättigungstemperatur.

Betrachten wir dieselben Bedingungen wie in Beispiel 2.2.3 mit der Ausnahme, dass die Hochdruck-Kondensattemperatur 90 °C beträgt, also unter die Sättigungstemperatur bei Atmosphärendruck (100 °C) unterkühlt wird. Hinweis: Ein so großer Abfall der Kondensattemperatur von ihrer Sättigungstemperatur (in diesem Fall von 159 °C auf 90 °C) tritt in der Praxis normalerweise nicht auf; diese Differenz wird hier lediglich verwendet, um die Tatsache zu illustrieren, dass unter solchen Voraussetzungen kein Entspannungsdampf erzeugt wird.

In diesem Fall zeigt die Tabelle für ungesättigtes Wasser, dass die Flüssigkeitsenthalpie von einem Kilogramm Kondensat bei 5 bar ü und 90 °C 377 kJ beträgt. Da diese Enthalpie geringer ist als die Enthalpie von einem Kilogramm gesättigtem Wasser bei Atmosphärendruck (419 kJ), ist keine überschüssige Wärme zur Erzeugung von Entspannungsdampf verfügbar. Das Kondensat fließt ganz einfach durch den Kondensatableiter und bleibt flüssig auf derselben Temperatur, aber mit niedrigerem Druck (in diesem Fall Atmosphärendruck).

Siehe Abbildung 2.2.5.

Der Dampfdruck von Wasser bei 90 °C beträgt 0,7 bar abs. Wäre der niedrigere Kondensatdruck kleiner gewesen, wäre Entspannungsdampf gebildet worden. 

Die Prinzipien Energie- und Massenerhaltung zwischen zwei Prozesszuständen

Durch die Prinzipien der Energie- und Massenerhaltung lässt sich das Phänomen des Entspannungsdampfs aus einer anderen Perspektive herleiten.

Betrachten wir die Bedingungen aus Beispiel 2.2.3.

1 kg Kondensat mit 5 bar ü und 159 °C erzeugt 0,112 kg Entspannungsdampf bei Atmosphärendruck. Dies lässt sich schematisch in Abbildung 2.2.6 darstellen. Die Gesamtmasse von Entspannungsdampf und Kondensat bleibt 1 kg.

Das Prinzip der Energieerhaltung besagt, dass die Gesamtenergie im Niederdruckzustand der Gesamtenergie im Hochdruckzustand entsprechen muss. Daher muss der Wärmegehalt im Entspannungsdampf und im Kondensat dem Wärmegehalt im ursprünglichen Kondensat 671 kJ entsprechen.

Aus der Dampftafel sind folgende Informationen zu entnehmen:

Gemäß der Dampftafel entspricht daher die im Niederdruckzustand zu erwartende Enthalpie der Enthalpie im Hochdruckzustand, wodurch das Prinzip der Energieerhaltung bewiesen wird.