Die Erwärmung von in Tanks befindlichen Flüssigkeiten ist eine wichtige Anforderung in der Prozessindustrie, wie zum Beispiel in der Milch-, Metallveredelungs- oder Textilindustrie. Es muss vielleicht Wasser erwärmt werden, um eine Warmwasserversorgung bereitzustellen; alternativ muss vielleicht eine Flüssigkeit als Teil eines Produktionsprozesses selbst erwärmt werden, egal ob eine chemische Reaktion damit verbunden ist oder nicht. Solche Prozesse können Speisewasserbehälter, Waschtanks, Verdampfer, Kochkessel, Waschbottiche, Heizkammern und Reboiler einschließen.
Offene und geschlossene Tanks werden für eine Reihe an Prozessanwendungen verwendet:
Speisewasserbehälter
Der Speisewasserbehälter steht im Mittelpunkt jeder Dampferzeugungsanlage. Er bildet den Wasserspeicher für zurückgeführtes Kondensat und behandeltes Frischwasser, welches in den Kessel gespeist werden soll. Ein Grund für die Erhitzung des Wassers ist es, den Sauerstoff, der in den Kessel gelangt, zu reduzieren, (theoretisch) auf 0 ppm Sauerstoff bei 100 °C.
Speisewasserbehälter werden normalerweise zwischen 80 °C und 90 °C betrieben.
Warmwassertanks
Warmes Wasser wird für eine Reihe von Prozessen in der Industrie benötigt. Es wird oft in einfachen offenen oder geschlossenen Tanks erwärmt, welche Dampf als Heizmedium verwenden.
Die Betriebstemperatur kann abhängig von der Anwendung irgendwo zwischen 40 °C und 80 °C liegen.
Entfettungsbehälter
Entfetten ist der Prozess, bei dem Ablagerungen von Schmiermitteln oder Kühlöl nach der Bearbeitung und vor der Endmontage des Produktes von Metallflächen entfernt werden.
In einem Entfettungsbehälter wird das Material in eine Lösung getaucht, welche über Heizschlangen auf Temperaturen zwischen 90 °C und 95 °C erhitzt wird.
Metallbehandlungstanks
Metallbehandlungstanks, welche manchmal auch Bottiche genannt werden, kommen für eine Reihe verschiedener Prozesse zum Einsatz:
Die Behandlungstemperatur reicht normalerweise von 70 °C bis 85 °C.
Ölspeichertanks
Speichertanks werden benötigt, um Öl, welches bei Raumtemperatur nicht gepumpt werden kann, aufzunehmen, wie zum Beispiel Schweröl für Dampfkessel. Bei Raumtemperatur ist Schweröl sehr dickflüssig und muss auf 30 °C bis 40 °C erhitzt werden, damit seine Viskosität reduziert und damit gepumpt werden kann. Das bedeutet, dass alle Schwerölspeichertanks mit einer Beheizung ausgestattet sein müssen, um den Pumpvorgang zu ermöglichen.
In der Prozessindustrie verwendete Heiztanks
Heiztanks werden in etlichen Prozessindustrien genutzt - siehe Tabelle 2.9.1.
Tabelle 2.9.1 Prozessindustrien, die Heiztanks nutzen
Industrie | Prozess | Typische Temperaturen |
Zucker | Erwärmung von Rohsaft | 80 bis 85 °C |
Molkerei | Warmwassererzeugung | 80 °C |
Galvanisierung | Metallbeschichtung | 70 bis 85 °C |
Metall/Stahl | Entfernung von Rost/Zunder | 90 bis 95 °C |
Pharmazie | Waschtanks | 70 °C |
Gummi | Erhitzen von ätzendem Öl | 140 °C |
Bei einigen Anwendungen hat das Prozessfluid vielleicht schon seine Betriebstemperatur erreicht und der einzige Heizbedarf resultiert aus Verlusten über die feste Oberfläche der Wände und/oder die Verluste über die Flüssigkeitsoberfläche.
Dieses Modul wird sich mit den Berechnungen. welche die Energiebedarfe von Tanks ermitteln, beschäftigen - die beiden folgenden Module (2.10 und 2.11) befassen sich damit, wie diese Energie zur Verfügung gestellt werden kann.
Bei der Ermittlung des Heizbedarfs eines Tanks oder Behälters für ein Prozessfluid kann sich der gesamte Heizbedarf aus einigen oder allen folgender Schlüsselkomponenten zusammensetzen.
Bei vielen Anwendungen werden jedoch nur einige der obigen Komponenten maßgeblich sein. Zum Beispiel im Falle eines völlig geschlossenen, gut isolierten Rohölspeichertanks kann der gesamte Heizbedarf nahezu nur aus der Wärme bestehen, die erforderlich ist, um die Fluidtemperatur anzuheben.
Punkt 1 und 2, die erforderliche Energie, um die Temperatur der Flüssigkeit und des Kesselmaterials zu erhöhen, und Punkt 5, die Wärme, die von irgendeinem kalten Gegenstand, der in die Prozessflüssigkeit getaucht wird, absorbiert wird, können durch die Anwendung der Gleichung 2.6.1 ermittelt werden. Normalerweise können die Daten genau bestimmt werden und daher ist die Berechnung des Wärmebedarfs einfach und genau.
Die Punkte 3 und 4, die Wärmeverluste des Kessels und der Flüssigkeitsoberfläche, können mit Hilfe der Gleichung 2.5.3 berechnet werden.
Die Berechnung der Wärmeverluste ist jedoch viel komplexer und man ist auf empirische Daten oder Tabellen, welche auf verschiedenen Annahmen basieren, angewiesen. Daraus ergibt sich, dass die Wärmeverlustberechnungen weniger genau sind.
Wärmeverluste über die feste Oberfläche des Tanks an die Umgebung
Wärme wird nur dann übertragen, wenn eine Temperaturdifferenz zwischen der Oberfläche und der umgebenden Luft vorhanden ist.
Abbildung 2.9.1 liefert einige typische allgemeine Wärmedurchgangskoeffizienten für die Wärmeübertragung von blanken, ebenen Stahlflächen an die Umgebungsluft. Wenn der Boden des Tanks nicht der Umgebungsluft ausgesetzt ist, sondern eben auf einem Untergrund steht, kann diese Komponente des Wärmeverlustes normalerweise als vernachlässigbar eingestuft und bedenkenlos ignoriert werden.
Die gesamten Wärmedurchgangskoeffizienten aus Abbildung 2.9.1 gelten nur für „ruhende“ Luftbedingungen.
Tabelle 2.9.2 zeigt Multiplikationsfaktoren, welche für diese Werte anzuwenden sind, wenn eine Luftgeschwindigkeit berücksichtigt wird. Wenn die Oberfläche allerdings gut isoliert ist, wird die Luftgeschwindigkeit auch bei exponierten Bedingungen den Wärmeverlust nicht um mehr als 10 % ansteigen lassen.
Tabelle 2.9.2 Auswirkungen auf die Wärmeübertragung bei Luftbewegung
Geschwindigkeit (m/s) | 0 | 1 | 2 | 4 | 6 | 8 | 10 | 12 | 14 | 16 |
Geschwindigkeit (km/h) | 0 | 3.6 | 7.2 | 14.4 | 21.6 | 28.8 | 36 | 43.2 | 50.4 | 57.6 |
Faktor X | 1 | 1.4 | 1.7 | 2.4 | 3 | 3.6 | 4.1 | 4.5 | 4.9 | 5.2 |
Geschwindigkeiten von weniger als 1 m/s können als windgeschützte Bedingungen eingestuft werden, wogegen 5 m/s vielleicht als leichte Brise (ungefähr 3 auf der Beaufort-Skala), 10 m/s als frische Brise (5 Beaufort), und 16 m/s als leichter Sturm (7 Beaufort) bezeichnet werden können.
Für große Ölspeichertanks können die in Tabelle 2.9.3 genannten, gesamten Wärmedurchgangskoeffizienten verwendet werden.
Tabelle 2.9.3 Gesamte Wärmedurchgangskoeffizienten für Öltanks
Standort des Tanks |
∆T zwischen Öl und Luft |
Gesamter Wärmedurchgangskoeffizient (W/m2 °C) | |
Unisoliert | Isoliert | ||
Geschützt
|
Bis zu 10 °C | 6.8 | 1.7 |
Bis zu 27 °C | 7.4 | 1.8 | |
Bis zu 38 °C | 8 | 2 | |
Exponiert |
Bis zu 10 °C | 8 | 2 |
Bis zu 27 °C | 8.5 | 2.1 | |
Bis zu 38 °C | 9.1 | 2.3 | |
Erdverlegt | Alle Temperaturen | 6.8 | - |
Wassertanks: Wärmeverluste von der Wasseroberfläche an die Umgebung
Abbildung 2.9.2 bringt die Wärmeverluste über die Wasseroberfläche in Beziehung mit der Luftgeschwindigkeit und der Oberflächentemperatur. In diesem Diagramm wird für „ruhende“ Luft von einer Geschwindigkeit von 1 m/s, für Tanks im Freien in geschützter Lage von einer Geschwindigkeit von ungefähr 4 m/s und für Tanks im Freien in ungeschützter Lage von einer Geschwindigkeit von ungefähr 8 m/s ausgegangen.
Dieses Diagramm gibt die Wärmeverluste in W/m² anstelle der Einheit W/m² °C für den allgemeinen Wärmedurchgangskoeffizienten an. Das bedeutet, dass dieser Wert mit der Oberfläche multipliziert werden muss, um die Wärmeübertragungsmenge zu erhalten, wohingegen die Temperaturdifferenz zwischen Wasser und Luft schon berücksichtigt wurde.
Die in Abbildung 2.9.2 dargestellten Wärmeverluste über die Wasseroberfläche werden nur unwesentlich von der Luftfeuchtigkeit beeinflusst. Der gesamte Bereich der in der Praxis auftretenden Luftfeuchtigkeiten wird durch die Dicke der Kurve abgedeckt. Bei der Grafik wird allerdings von einer Lufttemperatur von 15,6 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 55 % ausgegangen. Andere Bedingungen als diese können über das Engineering Support Center auf der Spirax Sarco-Website berechnet werden.
Um den Wärmeverlust aus der Grafik zu ermitteln, muss zuerst die Wasseroberflächentemperatur gewählt werden. Von dort ist eine vertikale Linie nach unten bis auf die (dicke) Wärmeverlustkurve zu ziehen. Für innen aufgestellte Tanks muss dann vom Schnittpunkt eine horizontale Linie auf die Skala auf der linke Seite gezogen werden. Für im Freien stehende Tanks ist eine horizontale Linie entweder nach links oder rechts zu ziehen, bis die Kurve für die entsprechende Lage, entweder geschützt oder exponiert, schneidet. Eine vertikale Verlängerung nach unten ergibt dann den Wärmeverlust aus der unteren Skala.
In den meisten Fällen ist der Wärmeverlust über die Flüssigkeitsoberfläche vermutlich das bedeutendste Wärmeverlustelement. Falls möglich, können die Wärmeverluste dadurch begrenzt werden, indem die Flüssigkeitsoberfläche mit einer Schicht aus Styroporkugeln abgedeckt wird, welche wie eine „Isolierdecke“ wirkt. Jedes Lösungsansatz, um die Wärmeverluste zu reduzieren, wird umso wichtiger, sobald der Tank im Freien in exponierter Lage aufgestellt ist, was die Grafik in Abbildung 2.9.2 widerspiegelt.
Bestimmen Sie für den in Abbildung 2.9.3 dargestellten Tank:
Beachten Sie, dass der Energiebedarf für den Betrieb (59 kW) wesentlich geringer als der Energiebedarf für das Anfahren (367 kW) ist. Das ist typisch und wenn möglich, könnte die Anfahrzeit verlängert werden.
Das hätte zur Folge, dass der maximale Energiestrom reduziert und der Bedarf an den Kessel ausgeglichener wird und weniger Anforderungen an das Temperaturregelsystem gestellt werden.
Für Tanks, welche kontinuierlich betrieben werden, ist es oft nur erforderlich, die Betriebsanforderungen zu berechnen, d. h. den Teil 2 der Berechnungen.